Prozesse gegen Frauen, die Beziehungstäterinnen wurden

Am Wiener Straflandesgericht bekommt es Richterin Doris Reifenauer an einem Tag gleich in zwei Prozessen mit Frauen zu tun, die als Täterinnen angeklagt sind.

Bei Nuray A. geht es um Freiheitsentziehung. Die 35-jährige soll im Sommer ihren Lebensgefährten in ihrer Wohnung eingesperrt haben. „Wir haben gestritten, er wollte weggehen, ich habe seinen Schlüssel genommen, zugesperrt und bin in den Garten gegangen“, gesteht die Vorbestrafte (derstandard.at).

„Erklären Sie mir das, warum sperren Sie ihn in der Wohnung im vierten Stock ein?“, sucht Reifenauer nach einem Motiv. „Ich bin acht Jahre mit ihm zusammen!“, lautet die ausweichende Antwort. „Und da wollten Sie nicht, dass er geht“, meint die Richterin. „Was hätte er denn machen sollen allein in der Wohnung? Auf Sie warten und über die Argumente nochmals nachdenken?“ Die Angeklagte schluchzt.

Drei Stunden später beschäftigt sich die Richterin mit Rebecca M., der eine noch härtere Strafe droht: sechs Monate bis fünf Jahre Haft, da sie ihren Partner zu Unrecht der Vergewaltigung bezichtigt hat.

„Wir haben gestritten, er hat gedroht, dass er das Kind zu sich nimmt! Da hatte ich Panik, weil ich schon ein Kind verloren habe“, führt die 25-Jährige aus. Daher habe sie unmittelbar nach der Auseinandersetzung die Anzeige erstattet: Der Mann habe sie immer wieder vergewaltigt und verprügelt, behauptete sie bei der Polizei.

„Was mich gewundert hat – Sie haben sehr detaillierte Angaben gemacht, Ihre Aussagen gehen über mehrere Seiten und klingen sehr schlüssig und auch nicht überzogen“, hält Reifenauer ihr vor. „Haben Sie sich das einfach dort ausgedacht?“, kann es die Richterin kaum glauben. „Ich war früher gut im Lügen“, gibt die unbescholtene Angeklagte zu. Das habe sich aber geändert. Die Beziehung ist übrigens zerbrochen, für das Kind hat das Paar die gemeinsame Obsorge, auf Anraten des Jugendamtes lebt es aber beim Vater.

 

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